Qualitäten & Defizite
Der Raum HB/Central ist zentrales Mobilitätsdrehkreuz der Stadt Zürich und der Schweiz, aber auch Raum von Öffentlichkeit, Versammlung und Identifikation. Der Raum ist entsprechend wichtig für die Ausstrahlung Zürichs sowie den Alltag seiner Bewohner*innen. Heute wird der Raum von Verkehr dominiert. Es sind Antworten auf Mobilitätsfragen der 50er/60er Jahre, die das Erscheinungsbild des Raums bis heute prägen. Dagegen stehen dem städtischen Leben trotz zentraler Lage und hoher Personenfrequenzen kaum Entfaltungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Entsprechend spielt sich gerade auch das alltägliche Leben des Hauptbahnhofes primär in dessen Inneren/in seinem Untergrund ab. Darüber hinaus tritt der Raum stark versiegelt in Erscheinung und weist kaum Bezug zu den umliegenden Flussräumen auf. Der Raum HB/Central ist heute weder stadträumlich noch klimatisch für die Herausforderungen und Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts gewappnet.
Leitidee & Zukunftsbild 2050
Neben der Ausgestaltung des Hauptbahnhofes als «Mobilitäts-Hub der Zukunft» steht seine Funktion als lebendiges Orts- und Quartierzentrum mit einer entsprechend breiten Gruppe von Nutzer*innen im Vordergrund der Leitidee. Dazu müssen die Potenziale des öffentlichen Raumes freigelegt und in allen Dimensionen nutzbar gemacht werden. Kern unseres Konzepts ist daher, den Raum HB/Central zu einem öffentlichen, verbindenden und orientierenden Element weiter zu entwickeln. Als Grundlage der Leitidee dient uns dabei die griechische Agora, die all diese Eigenschaften in sich vereint und auch unser demokratisches Planungsverständnis symbolisiert.
Die Stadträume lesen wir als potenzielle «Adern» (lineare Verbindungen) und «Zwiebeln» (punktförmige Plätze). Dieses heute teils unterbrochene, teils nicht gut erlebbare Geflecht wird im Zuge der Planung geordnet, sukzessive gestärkt und stärker mit dem umgebenden städtischen Raum verwoben. Beziehungen des motorisierten Verkehrs werden auf die wesentlichen und notwendigen Verbindungen fokussiert, eine verkehrliche Ergänzung und Verbesserung der Erreichbarkeit erfolgt über ein ausgeprägtes Netz für Fuss- und Veloverkehr in Kombination mit dem öffentlichen Verkehr, welcher ebenfalls gestärkt wird. Die Umsetzung erfolgt etappenweise in einem partizipativen Prozess.
Orte & Stadtraum
Der Raum HB/Central ist in acht Teilräume gegliedert, welche über unterschiedliche stadträumliche wie verkehrliche Anforderungen und Zielsetzungen verfügen. Diese Teilräume sollen bis 2050 gemäss ihren eigenen Identitäten sukzessiv weiterentwickelt werden. Die daraus resultierende Gestaltung zeichnet sich durch Offenheit gegenüber Beteiligungsprozessen aus und verfolgt konsequent die Anforderungen/Bedürfnisse seiner Nutzer*innen.
Die unterschiedlichen Identitäten führen dazu, dass ein Bahnhofplatz 2050 eher das traditionelle, wohlhabende und in diesem Sinne repräsentierende Zürich hervorhebt, während etwa die Nordseite des Bahnhofs die grüne Seite Zürichs in Bezug auf Gestaltung (Begrünung) sowie die alltägliche Mobilität akzentuieren wird.
Für die Entwicklung des Raums HB/Central generell von Bedeutung sind die beiden querenden Fliessgewässer Sihl und Limmat. Beide sollen besser in den Stadtraum eingebunden und mit den Teilräumen verbunden werden. Dies verbessert die Aufenthaltsqualität, schafft für das Stadtklima wichtige Entlastungsräume und hebt die Einzigartigkeit des Bahnhofs an den zwei Flüssen noch stärker hervor. Eine weitere wichtige Querverbindung, insbesondere für Zufussgehende, führt von der Europaallee über Bahnhofplatz und Central zum Hochschulquartier.
Schlüsselthemen & Vertiefung
Um das Potenzial zu schaffen, den Raum HB/Central massgeblich zu einem resilienten Stadtraum für eine vielfältige Gruppe von Nutzer*innen transformieren zu können, muss zuerst abschnittweise der motorisierte Verkehr reduziert und/oder verlagert werden. Aufgrund der gestellten Anforderungen erachten wir dies nur in einem schrittweisen, breit abgestützten partizipativen Vorgehen für realistisch. In einer ersten Phase (1a/1b) soll über kurzfristig umsetzbare Massnahmen eine massgebliche Verbesserung des Alltages der Nutzer*innen erreicht werden. Austesten (Pilotprojekte) und temporäre Massnahmen werden dazu bewusst als Instrument der sozialräumlichen Entwicklung und Verflechtung genutzt.
In spezifischen partizipativen Prozessen werden Inhalt und Umfang von Massnahmen reflektiert und diskutiert. Auf dem Papierwerd-Areal wird diesem Dialog zudem ein eigener, identitätsstiftender Ort gewidmet. Die aus den temporären Massnahmen gewonnen Erkenntnisse tragen dazu bei, definitive Projekte besser auf menschliches Verhalten/Bedürfnisse abzustimmen und deren Akzeptanz bereits vorgängig zu sichern. Dieses Vorgehen bei der Projektentwicklung erachten wir für die nachhaltige Entwicklung der Agora 2050 als entscheidend.
Das interdisziplinäre Planungsteam: Metron / BHSF Architekten / Bryum / Gehl Architects / ZHAW Institut Urban Landscape / Zeugin-Gölker
Alle Inhalte insbesondere Texte, Bilder und Grafiken sind urheberrechtlich geschützt.